Einzug der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin
Mit dem Einzug der Hochschule hat das Gebäude eine neue Ära eingeläutet. Die ursprünglichen Pläne sahen eine Reaktivierung des Krankenhauses vor, doch die geplante Zwischennutzung als Hochschule, wurde zu einer dauerhaften Lösung, die die historische Bedeutung des Ortes mit einer modernen Nutzung verbindet.
Am 1. Juli 1991 erhielt die Kongregation der Marienschwestern das Gelände und die Gebäude des ehemaligen St. Antonius-Krankenhauses vom bisherigen Nutzer, dem Bundeslandwirtschaftsministerium, zurück (vgl. Mertens 2000 und 2017). Bereits im Vorfeld hatte die Kongregation Überlegungen angestellt, das St. Antonius-Krankenhaus in Karlshorst wiederzueröffnen. Geplant war ein Krankenhaus der Regelversorgung mit den Fachabteilungen Innere, Chirurgie, Orthopädie, Intensiv, Gynäkologie und Geburtshilfe. Das Krankenhaus sollte über etwa 290 Betten verfügen (vgl. Gesprächsprotokolle des Projektes). Damit hätte das Haus in Karlshorst in etwa die Bettenzahl wie zu seiner Gründung und Eröffnung im Jahr 1930 erreicht.
Da nicht zu erwarten war, dass die Verhandlungen zum Krankenhaus schnell abgeschlossen sein würden, zog, zunächst jedoch lediglich als Zwischennutzer, bereits im Herbst 1991 die Katholische Hochschule für Sozialpädagogik in die bestehenden Gebäude ein. „Am 4. Oktober 1991 eröffnet Kardinal Sterzinsky die Katholische Hochschule für Sozialpädagogik in Karlshorst. Am 14. April 1992 wurde in der Kapelle zum ersten Mal seit der Beschlagnahmung im Jahr 1945 wieder eine heilige Messe gefeiert“ (Mertens 2000: 430). 1994 schloss die Kongregation „einen Vertrag mit dem Land Berlin über die Errichtung und Finanzierung eines Allgemeinkrankenhauses [ab]“ (ebd.). Mit Neuwahlen in Berlin und einer Änderung in der Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses zerschlugen sich jedoch diese Pläne der Marienschwestern, und 1995 stand fest, dass in Karlshorst kein (neues) St. Antonius-Krankenhaus entstehen würde (vgl. Mertens 2000, Gesprächsprotokolle Projekt).
Zeitzeugen lassen uns an den ersten Tagen der KHSB an diesem historischen Ort teilhaben. So beispielsweise der ehemalige Leiter des Hausmanagements als „Mann der ersten Stunde“, der sich daran erinnert, wie er die einstige Kapelle damals vorfand: „Der gesamte Raum war verhüllt und vollständig mit Lattenkonstruktionen und Leinwänden verkleidet. Dies zeugte von seiner Nutzung als Kino- bzw. Theatersaal und Raum für größere Zusammenkünfte.
Die ursprüngliche Kapelle existierte in der ursprünglichen Form nicht mehr. Der Altarraum mit Altar existierte nicht mehr. Bis heute ist nicht bekannt, wer die künstlerische Gestaltung dieses Bereichs ursprünglich ausgeführt hat“ (Gesprächsprotokoll des Projektes mit dem damaligen Leiter des Hausmanagements).
Zu anderen Gebäudeteilen berichtet er: „Unten in den Kellerräumen, dort, wo sich heute die Hochschulbibliothek befindet, lagen früher die Gefängniszellen.
Als wir später mit dem Umbau und Ausbau begonnen haben, stießen wir auf verschiedene Räume, deren ursprüngliche Funktion zunächst unklar war. Im weiteren Verlauf hat sich herausgestellt, dass es sich dabei früher um die Röntgenabteilungen des St. Antonius-Krankenhauses gehandelt hatte. Die sowjetische Geheimpolizei hatte dort später ihre nicht abhörbaren Räume eingerichtet, denn alle diese Räume waren vollständig mit Blei ausgekleidet. Die Wände, Decken und Fußböden waren mit einer durchgehenden Bleischicht versehen. Diese Konstruktion war offenbar so ausgeführt, dass nach außen nichts dringen konnte, wenn dort Gespräche geführt wurden“ (Gesprächsprotokoll des Projektes mit dem damaligen Leiter des Hausmanagements).
Zur Nutzung als Hochschule mussten umfangreiche Baumaßnahmen durchgeführt werden. So wurden bspw. Hörsäle eingerichtet, das ehemalige Kesselhaus des St. Antonius-Krankenhauses zur Mensa umgebaut, der ehemalige Uhrenturm dient heute als Andachtsraum.
Bis heute sind auch architektonische Elemente aus der Gründungszeit des St. Antonius-Krankenhauses erhalten – historische Holzfenster, zeittypische Türklinken, Schrankkonstruktionen der ehemaligen Patientenzimmer, aber vor allem der markante Fliesenboden der Flure, der sich von Etage zu Etage in seiner Farbigkeit unterscheidet.
Ein besonderer Augenblick der Umbaumaßnahmen und Inbenutzungnahme als Hochschule ist mit dem Namensgeber des Gebäudes und damaligen Krankenhauses, dem Heiligen St. Antonius, verbunden.
Der Stützpfeiler mit der Antoniusfigur konnte freigelegt werden. Hinter einer schützenden Konstruktion aus verzinktem Blech, einfachem Holz und zuletzt Holz von russischen Munitionskisten, kam er unversehrt zum Vorschein.
Berichten zufolge, hatte ein sowjetischer Kommandant ihn so vor Zerstörung bewahrt.
Quellen
Mertens, J. (2000): Geschichte der Kongregation der Marienschwestern von der Unbefleckten Empfängnis 1945-1999, Band 2, Berlin: Kongregation der Marienschwestern
Mertens, J. (2017): Das St. Antonius-Krankenhaus in Berlin-Karlshorst im Jahr 1945, in: Höhle, M. (Hg.): Wichmann Jahrbuch des Diözesangeschichtsvereins Berlin, Heiligenstadt: Verlag F.W. Cordier, S. 169-173
Ansprechperson
Sie haben Fragen? Ich helfe Ihnen gern weiter.